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Arbeitstherapie, Arbeitstraining

Konzept, Plätze, Personal in der Arbeitstherapie

Ein einheitliches Konzept, nach dem alle arbeitstherapeutischen Abteilungen arbeiten, gibt es im Thüringer Justizvollzug nicht, sodass jeder Einrichtung Raum für kreative Entfaltung bleibt.

In aller Regel werden in der Arbeitstherapie Gefangene eingesetzt, die verschiedene Defizite aufweisen. Dies können Gefangene sein, die aufgrund ihres mangelnden sozialen Verhaltens und/oder ihrer manuellen oder geistigen Fähigkeiten mit den Anforderungen in einem Arbeitsbetrieb oder einem Arbeitstraining (noch) nicht zurechtkommen oder deren Leistungsfähigkeit für eine Ausbildungsmaßnahme (noch) nicht ausreicht.

Auch Gefangene ohne ausreichende Schulbildung oder Gefangene, die außerhalb des Vollzuges noch bei keiner Arbeitsstelle länger durchgehalten haben, gehören zur Zielgruppe. Auch Gefangene mit körperlichen Einschränkungen oder mit einer Suchtproblematik, wie z. B. Alkohol oder Drogen, können sich in der Arbeitstherapie erproben.

Die Arbeitstherapie in der JVA Untermaßfeld basiert darauf, Gefangenen mit psychischen, physischen oder sozialen Auffälligkeiten über das Medium „Arbeit" Hilfestellung bei der Aufarbeitung ihrer Probleme zu geben und sie zu befähigen, einen strukturierten Arbeitstag zu bewältigen. Die Gefangenen der Arbeitstherapie sind unterstützend zudem in einem gemeinsamen Haftbereich untergebracht, wodurch (milieu-)therapeutische Elemente ergänzend zum Tragen kommen können.

Der Bedienstete, der die Arbeitstherapie leitet, muss über viel Fingerspitzengefühl verfügen, denn die dort integrierten Gefangenen benötigen meist besonders viel Aufmerksamkeit. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Psychologischen Dienst der JVA ist unbedingt erforderlich. Genauso wichtig ist ein enger Kontakt mit dem zuständigen Sozialarbeiter, den Stationsbediensteten, dem Abteilungsdienstleiter und dem Vollzugsabteilungsleiter der Vollzugsstation Arbeitstherapie.

Eine qualitativ höhere Arbeit können rund 10 % der Gefangenen im Laufe der Zeit zugewiesen werden. Insbesondere in den letzten drei Jahren wurde die Qualität der Behandlung in der Arbeitstherapie noch einmal deutlich gesteigert durch neue Arbeitsräume, einen Anti-Aggressions-Raum und die Unterbringung der Teilnehmer auf einer gemeinsamen Station. Hier steht ein Freizeitraum zur Verfügung, der auch regelmäßig für Gruppengespräche, Bewerbungstrainings und gemeinsames Kochen und Backen unter Anleitung genutzt wird.

Die Gefangenen arbeiten in der Arbeitstherapie der JVA Untermaßfeld vorrangig mit dem Material Holz, denn das breite Spektrum der Holzbearbeitung eröffnet für jede Anforderung Möglichkeiten auch hinsichtlich einer kontinuierlichen Leistungs- und Schwierigkeitssteigerung.

Anfangs werden manuelle Fertigkeiten (v.a. Sägen, Bohren, Schleifen, Leimen) vermittelt. Die Anforderungen an den Gefangenen werden individuell angepasst. Anschließende Tätigkeiten an Maschinen, wie Kreissäge, Bandsäge, Dickenhobel, Abrichte, Dekupiersäge und Drechselbank, gestalten die Arbeit schrittweise anspruchsvoller.

Zur Produktpalette gehören z.B.

  • Puppenhäusern und Holzspielzeug,
  • Festtagsdekoration,
  • Dekorationsgegenstände,
  • Hilfsmittel für Haus und Garten.

Die Artikel werden von den Teilnehmern der Arbeitstherapie bemalt, angestrichen und/oder lackiert. Auch Montage- und Konfektionierarbeiten werden als Serienarbeit durchgeführt. Dabei sind die Anforderungen an die eines Unternehmerbetriebs angelehnt. Die Gefangenen sollen hier ein hohes Maß an Qualität und Quantität erreichen. Auch Grundwissen am PC (v.a. Anwendung von Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogrammen) wird vermittelt. Diese Möglichkeit nutzen die Gefangenen regelmäßig - auch zur Überprüfung und Verbesserung der oft mangelhaften Rechtschreibung.

Die Arbeitstherapie hat sich in der JVA Untermaßfeld bewährt und stellt einen wesentlichen Baustein für die straffreie und soziale Wiedereingliederung der Gefangenen in unsere Gesellschaft dar. Auch innerhalb der JVA leistet die Arbeitstherapie einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Ordnung, da auftretende Probleme der darin integrierten Gefangenen frühzeitig erkannt und begegnet werden kann.

Inzwischen wird die Arbeitstherapie von zwei Bediensteten geleitet, die in regelmäßigem Austausch mit den Gefangenen, dem Psychologischen Dienst und allen Stationsbediensteten, dem Sozialen Dienst, dem Abteilungsdienstleiter und dem Vollzugsdienstleiter stehen.

Arbeitstraining

Vogelhäuschen aus der Arbeitstherapie

Zusätzlich zur Arbeitstherapie wurde gemäß § 27 ThürJVollzGB ein Arbeitstraining eingeführt. Arbeitstraining dient dazu, Gefangenen, die nicht in der Lage sind, einer regelmäßigen und erwerbsorientierten Beschäftigung nachzugehen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die eine Eingliederung in das leistungsorientierte Arbeitsleben fördern. Die in der Anstalt dafür vorgehaltenen Maßnahmen sind danach auszurichten, dass sie den Gefangenen für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen vermitteln.

Voraussetzung für die Teilnahme am Arbeitstraining sind in der JVA Untermaßfeld

  • die Eignung des Gefangenen und
  • mindestens drei Monate Teilnahme an der Arbeitstherapie

Der Gefangene im Arbeitstraining darf keine selbst verschuldeten Fehlzeiten verursachen, muss bereits selbständig arbeiten und andere Gefangene bei ihren Arbeiten unterstützen. Das Arbeitstraining ist ein weiterer wichtiger Schritt, um in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

Geschichte der Arbeitstherapie in der JVA Untermaßfeld

Die Arbeitstherapie in der JVA Untermaßfeld wurde im März 1995 auf Anregung des damaligen Anstaltspsychologen ins Leben gerufen. Dadurch entstand hier die erste Arbeitstherapie im Thüringer Justizvollzug.

Die Anfänge waren noch sehr bescheiden. Es war kein Geld für die Arbeitstherapie da und auch sonst fehlte es anfänglich an allem Möglichen. Zunächst stand nur ein Arbeitsraum zur Verfügung, in welchem der Leiter der Arbeits­therapie acht Gefangene beschäftigen sollte. Begonnen wurde mit dem Zusammenbauen von Einwegrasierern und Wäscheklammern. Später konnten erste Sperrholzarbeiten verrichtet und Gipsabdrücke gegossen und bemalt werden. Zu Beginn ihrer Zeit wurde die Arbeitstherapie belächelt und als Bastel-Gruppe klein geredet. Im Laufe der Zeit konnte sie sich jedoch bei der Mehrzahl der Bediensteten etablieren und fand immer mehr Akzeptanz. Hier überzeugten die Leistungen und hergestellten Produkte der Gefangenen, welchen man dies anfänglich nicht zugetraut hätte.

Im Oktober 1996 konnten fünf Bedienstete aus den Thüringer Gefängnissen sodann auch an einer Ausbildung (320 Lerneinheiten) zum Arbeitstherapeuten im Justizvollzug erfolgreich teilnehmen.  Die Ausbildung fand im Hessischen Oberreifenberg statt und wurde damals vom Hessischen Gefangenenbildungswerk Dr. Fitz Bauer finanziert.

Einmal pro Jahr findet unter Anleitung einer Psychologin der JVA Untermaßfeld eine Arbeitstagung für alle im Thüringer Justizvollzug beschäftigten Bediensteten der Arbeitstherapie statt. Dies bietet die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches und der Problembewältigung.